Liezi

Liä Dsi (Liezi), taoistisches Kultbild, 1911 vom Gouverneur von Schantung an Richard Wilhelm als Geschenk überreicht

Lièzǐ (auch Liä Dsi, Lieh-tzu oder Liä-Tse, 列 子), Meister Lie, (um 450 v. Chr.) war ein chinesischer Philosoph der daoistischen Richtung, der das Werk Das wahre Buch vom quellenden Urgrund (ins Deutsche übersetzt von Richard Wilhelm) verfasst haben soll[1], das nach ihm auch Liezi genannt wird. Liezi soll ein sehr zurückgezogenes Leben geführt haben, woraus sich erklärt, dass keine Aufzeichnungen über ihn bestehen. Er soll sich von allen Ämtern ferngehalten haben (Buch II, 14.) und sogar ein Geschenk des Ministerpräsidenten abgelehnt haben (Buch VIII, 6.[2]). Richard Wilhelm weist schon in seiner Einleitung[3] darauf hin, dass von den beiden Protagonisten, von welchen dieses Buch hauptsächlich handelt (Liä Yü Kou und Yang Dschu), lediglich für Letzteren historische Belege existieren. Eine andere Auffassung, worin das Buch in der Zeit etwa zwischen 300 v. Chr. und 300 n. Chr. entstanden sein soll, wird vertreten z. B. von der daoistischen Lehrerin Eva Wong (in: Die Lehren des Tao, Ullstein Verlag).

Neuere Forschungen gehen allerdings davon aus, dass jenes Buch erst um 350 v. Chr. – also nach seiner Zeit – entstanden ist, und stellen sogar seine Existenz in Frage. Andere Forschungen besagen jedoch, dass das Buch einen Kern enthält, der wahrscheinlich von Liezi selbst stammt und von seinen Schülern zusammengetragen wurde. Im Zhuangzi spielt die Person des Liezi eine wichtige Rolle, er erscheint z. B. als daoistischer Heiliger (Zhenren), der auf dem Wind reiten kann. Richard Wilhelm, welcher in seinem Werk den Standpunkt des Daoismus als Philosophie vertrat, bemerkte dazu in seiner Einleitung zu Liä Dsi:

„Dass er zum Abschluss seiner Lehre soweit in der Geistigkeit vorgeschritten war, dass er auf dem Winde reiten konnte (s. II, 3), dürfen wir ihm nicht so schwer anrechnen, dass wir deshalb seine Existenz bezweifeln müssten, zumal er sich, seiner eignen Aussage nach, zu jener Zeit im Stadium höchster Ekstase befand.“

Richard Wilhelm: Liä Dsi

Ein erster Kommentar wurde laut Richard Wilhelm (Einleitung zu Liä Dsi) von Dschang Dschan während der Dsin-Dynastie erstellt, welche er für den Zeitraum 265–420 n. Chr. datiert. Nach Eva Wong heißt diese Dynastie Chin-Dynastie, welche sie auf 317–420 n. Chr. datiert, jedoch gibt sie in ihrer Einleitung zu den Beispieltexten aus Lieh-tzu (Liezi) hierzu nicht den Namen des Verfassers an (Eva Wong: „Die Lehren des Tao“, Ullstein Verlag). Richard Wilhelm führt in seiner Einleitung weiter aus, dass dem Buch unter Kaiser Hüan Dsung (713–756) der Titel Tschung Hü Dschen Ging (Wahres Buch vom quellenden Urgrund) verliehen wurde. 1804 wurde in einem daoistischen Kloster in Nanking ein verschollen geglaubter Kommentar von Lu Dschung Yüan (Tang-Zeit) aufgefunden. Für seine Übersetzung benutzte Richard Wilhelm diesen Kommentar, zusammen mit einem Faksimiledruck aus der Sung-Dynastie, sowie eine neue Ausgabe aus dem Jahr 1877.

Liä Dsi (Liezi), Übersetzung ins Deutsche von Richard Wilhelm, Titelblatt der Erstausgabe, Eugen Diederichs Verlag, Jena 1921
  1. Es wäre sehr angenehm, wenn wir in dem Werk des Liä Dsi eine authentische Schrift aus dem 5. oder 4. Jahrhundert v.Chr. vor uns hätten. Allein das ist nicht der Fall. Wir dürfen für die Redaktion des Buchs wohl nicht über das 4. nachchristliche Jahrhundert zurückgehen. Dennoch liegt dem Buch natürlich älteres Material zugrunde. Richard Wilhelm, Die Lehren des Laotse, VI. Der Taoismus nach Laotse, in: Laotse. Tao te king. Das Buch vom Weg des Lebens. 2. Auflage. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2003, ISBN 3-404-70141-0
  2. Im Kommentar zu diesem Abschnitt erläutert Richard Wilhelm: “Die Ermordung des Ministers Dsï Yang von Dscheng, der hier erwähnt ist, fällt in das dritte Jahr des Königs An von der Dschou-Dynastie (399). Daraus würde folgen, daß Liä Dsï ungefähr um 450 v. Chr. geboren sein muß, wenn man die Zeitangaben von I, 1 mit heranzieht.” Im letzten Absatz dieses Abschnitts scheint eine Stelle zu fehlen, warum Liä Dsï das Geschenk abgelehnt hat. Man kann die Unklarheit beseitigen, wenn man dem wiederholten Satz “... das noch dazu auf anderer Leute Reden hin!” eine Ergänzung voranstellt wie z. B. “Denn wenn es sich um eine Sache der Bestrafung gehandelt hätte, dann ...”.
  3. Liä Dsi auf www.zeno.org. Abgerufen am 12. August 2013.

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